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Über die Aussage und Genauigkeit von Klimarekonstruktionen. Eine Fallstudie

Hans-Peter Stricker, Kevin Lehninger, and Philipp Lengsfeld

Corresponding author: stricker@relook-climate.de re:look climate gGmbH, Berlin


Einleitung

Das methodische Gegenstück zu Klimaprognosen sind Klimarekonstruktionen. Beide beruhen auf Modellannahmen, Parameterschätzungen und zumindest letztere auf aufwändigen Messungen. Wir möchten in dieser Arbeit der Frage nachgehen, welche Aussagen Klimarekonstruktionen eigentlich machen, wie genau diese Aussagen sind und was gegebenenfalls aus ihnen ableitbar ist. Wir richten unser Augenmerk dabei auf Klimarekonstruktionen aus Eisbohrkernen wie sie seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts systematisch und bis heute mit großem Aufwand betrieben werden (siehe [1]).

Antworten auf obige Fragen haben unmittelbar mit Konfidenzbändern zu tun, die wir deshalb in den Mittelpunkt unserer Untersuchungen stellen. In die Konfidenzbänder gehen – im allgemeinen über Konfidenzintervalle – alle Fehler und Unsicherheiten ein, die mit einer Rekonstruktion verbunden sind. Innerhalb der Konfidenzbänder bewegen sich – mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit – mögliche zeitliche Verläufe der untersuchten Größen. Diese können neben dem zentralen Verlauf dargestellt werden. Naturgemäß können das nicht alle möglichen Verläufe sein, weshalb das Augenmerk auf die vom mittleren Verlauf maximal abweichenden Verläufe zu richten wäre.

Wir haben dreizehn Datensätze antarktischer Eisbohrkerne untersucht, einerseits im Hinblick auf ihre Konfidenzbänder, andererseits auf ihre Kompatibilität in Bereichen des Überlapps.

Klimarekonstruktionen aus Eisbohrkernen und Chronologien

Eine der bekanntesten und erfolgreichsten Methoden, das Klima der Vergangenheit zu rekonstruieren, ist die Gasanalyse in Firn- und Eisbohrkernen. Die heute gemessenen Konzentrationen von Gaskomponenten in den Eisproben werden – entweder direkt oder leicht korrigiert – mit den atmosphärischen Konzentrationen zu bestimmten Zeiten der Vergangenheit gleichgesetzt. Alternativ werden die gemessenen Größen als Indikatoren (Proxies) für andere Größen – meist die Temperatur – verwendet, die mit einem physikalisch-statistischen Modell aus den gemessenen Konzentrationen berechnet werden. Andere Eigenschaften wiederum werden in erster Linie gemessen, um eine genauere Bestimmung des Alters von Eis und Gas zu ermöglichen. Dieses Alter ist es, das letztlich den Zeitpunkt der Vergangenheit definiert, für den eine Größe rekonstruiert wird. Mehr noch als die Fehler, Unsicherheiten und Korrekturen im Zusammenhang mit direkt gemessenen Größen (die in der Regel recht klein sind) sind die Fehler, Unsicherheiten und Korrekturen im Zusammenhang mit der Altersbestimmung (die in der Regel recht groß sind) entscheidend für die Genauigkeit und Aussagekraft einer Rekonstruktion.

Das Prinzip der Altersbestimmung ist grundsätzlich recht einfach: Aus einigen beobachtbaren und gemessenen Eigenschaften des Eises in einer bestimmten Tiefe und einem Modell der (horizontalen und vertikalen) Eisdynamik wird die Zeit geschätzt, die das Eis brauchte, um von der Oberfläche (wo es als Schnee gefallen ist) dorthin zu gelangen. Das Alter des Eises ist dann nichts anderes als diese Zeit, über die andere Eigenschaften des Eises anschließend aufgetragen werden können. Die Unsicherheit des Alters des Eises hängt dabei entscheidend von der Genauigkeit und Unsicherheit des eisdynamischen Modells und der Unsicherheit der Parameter ab, die in das Modell eingehen. Einige Modelle sind qualitativ und das Alter des Eises und die Unsicherheit werden grob geschätzt. Andere Modelle sind hochentwickelt und quantitativ und berechnen exakte Alter und Unsicherheiten. Die Modelle, die bei der von der Tiefe abhängigen Altersbestimmungen Verwendung finden, werden Chronologien genannt. Ein entscheidender Punkt ist, das verschiedene Chronologien anhand sogenannter Age-Marker synchronisiert werden können, die es erlauben, genauere Datierungen von einer auf die andere Chronologie zu übertragen.

Allerdings ist man meist mehr am Alter der im Eis eingeschlossenen Luft interessiert, die ja die Eigenschaften der Atmosphäre zu vergangenen Zeiten wiederspiegelt. Dieses Alter ist regelmäßig deutlich geringer als das Alter des einschließenden Eises, da die Luft erst eingeschlossen wird, nachdem sich das Eis gebildet hat. Während das Alter des Eises einer Bohrkernprobe zwar nicht genau bekannt ist, aber eine recht geringe Streuung hat, verhält es sich mit dem Alter der eingeschlossenen Luft anders. Der Lufteinschluss ist ein mitunter recht komplizierter Prozess, der über einen langen Zeitraum vonstatten geht. Ausschlaggebend ist, dass in einer Bohrkernprobe Gasmoleküle enthalten sind, die zu sehr verschiedenen Zeiten eingeschlossen wurden oder allgemeiner: aus sehr verschiedenen Zeiten stammen. Diese Zeiten sind die “Alter” der Luftmoleküle, und “das” Alter der Luft in einer Probe kann zunächst als das mittlere Einschlussalter der eingeschlossenen Luftmoleküle definiert werden. Auf diese Weise lassen sich gemessene Konzentrationen von Luftbestandteilen aus sehr verschiedenen Zeiten trotzdem einer wohldefinierten (allerdings “statistischen”) Zeit zuordnen. Es lässt sich aber zeigen, das die Konzentration auch zu der “tatsächlichen” Zeit herrschte, wenn (i) die Altersverteilung symmetrisch und (ii) der Anstieg der Konzentrationen um das mittlerere Alter herum linear war ([2]).


Eine Sonderrolle unter den heute existierenden Chronologien spielt die Chronologie AICC2012 (siehe [3]). Diese kann für beliebige Eisbohrkerne angewendet werden, und dies auch nachträglich.


Konfidenzintervalle und -bänder

Konfidenzbänder sind grafische Elemente, nämlich die von den Konfidenzintervallen eines zweidimensionalen Datenplots aufgespannte Fläche. Alternativ können sie als die von einer Schar möglicher (simulierter) Verläufe aufgespannte Fläche definiert und dargestellt werden.


Konfidenzbänder erfüllen mehrere Aufgaben. An erster Stelle führen sie auf intuitive Art Unsicherheiten vor Augen. Anders als bei Klimaprogrognosen, bei denen die Unsicherheiten für größere Zeiten (Richtung Zukunft) nur größer werden können, können die Unsicherheiten bei Klimarekonstruktionen für größere Zeiten (Richtung Vergangenheit) auch zwischenzeitlich kleiner werden. Das hat mit der Existenz von gut datierbaren Age-Markern zu tun.



Zum anderen erlauben es Konfidenzbänder, auf einen Blick zu erkennen, ob zwei Datensätze in Zeiträumen des Überlapps inkompatibel sind.



Schließlich geben Konfidenzbänder die Fläche an, in der alle “erlaubten” Verläufe liegen müssen, also Verläufe mit nicht verschwindender bzw. zu geringer Wahrscheinlichkeit. Von den “erlaubten” Verläufen wird im allgemeinen nur der mittlere Verlauf (extrapolierter Verlauf der Erwartungswerte) angezeigt, und mitunter die beispielhaften Extremverläufe am oberen und unteren Rand des Konfidenzbandes. Diese Darstellung funktioniert allerdings nicht für Konfidenzbänder, die sich aus horizontalen Konfidenzintervallen ergeben. Hier sind andere beispielhafte Extremverläufe zu definieren und darzustellen, was wir weiter unten unternehmen werden.

Methoden Wir liessen uns von drei Fragen leiten: Welche Aufgabe leisten Konfidenzbänder im Zusammenhang mit Klimarekonstruktionen? Was kann getan werden, wenn ein Datensatz keine Konfidenzintervalle liefert und man keinen Konfidenzband darstellen kann? Wie lassen sich “erlaubte” Verläufe innerhalb eines Konfidenzbandes charakterisieren?

Um diesen Fragen nachzugehen haben wir ein eigenes Visualisierungstool entwickelt, um beliebige Konfidenzbänder darzustellen (insbesondere solche, die sich aus horizontalen Konfidenzintervallen ergeben), und haben dies dann für die dreizehn Datensätze antarktischer Eisbohrkerne getan.

Dafür mussten wir mitunter Konfidenzintervalle abschätzen, nämlich für solche Datensätze, die keine expliziten Konfidenzintervalle (pro Datenpunkt) enthielten. Dazu bot es sich an, als Fehler die Abweichungen einer Chronologie (in unserem Falle EDC3) zu anderen Chronologien zu betrachten, die sich entweder auf denselben Eisbohrkern beziehen oder an Age-Markern synchronisierbar sind.

Die auf diese Weise für einen Datensatz geschätzten Fehler kann man dann auf andere Datensätze (ohne expliziten Altersfehler) übertragen. Wir haben dabei angenommen, dass dieselben Gründe, die in bestimmten Zeiträumen für einen Eisbohrkern für größere oder geringere Altersunsicherheiten sorgen, dies in dieselben auch für andere Eisbohrkerne tun.

Was die Frage möglicher Verläufe betrifft, haben wir eine Methode entwickelt, die es erlaubt, plausible (“erlaubte”) Verschiebungen von Meßpunkten innerhalb des Konfidenzbereichs von unplausiblen (“verbotenen”) zu unterscheiden und auf diese Weise mögliche Extremverläufe zu konstruieren.Die Frage der Extrapolation der Meßpunkte, z.B. mittels Splines (siehe Enting [4]), ist nicht Gegenstand unserer Untersuchung.

Definition und Konstruktion “erlaubter” Verläufe

Falls ein Konfidenzband nicht bereits durch eine Schar möglicher oder simulierter Verläufe gegeben ist, stellt sich die Frage, wie man in ihm mögliche Verläufe charakterisiert und darstellt. Wenn man einen möglichen Verlauf als die Überlagerung einer Basislinie mit Störungen betrachtet, kann es im Rahmen von sehr langfristigen Klimarekonstruktionen nur um diese möglichen Basislinien gehen. Basislinien wiederum sind typischerweise bestimmt durch eine Anzahl von – u.U. ungleichmäßig verteilten – Stützstellen, durch die Extrapolationskurven gelegt werden (typischerweise Splines, siehe z.B. [4]).

Das letzte und ideale Ziel jeder Rekonstruktion sollte es sein, jedem möglichen Verlauf einer klimarelevanten Größe (im Sinne einer Basislinie) eine Wahrscheinlichkeit zuzuordnen. Ohne Angabe eines solchen Wahrscheinlichkeitsmaßes im Raum der möglichen Verläufe muss jeder Verlauf, der innerhalb eines Konfidenzbandes liegt, als gleichwahrscheinlich gelten, obwohl das im allgemeinen nicht beabsichtigt und sachgerecht ist.

Die Minimalaussage ist, dass die Datenpunkte (Stützstellen) innerhalb ihres Konfidenzbereichs (aufgespannt vom entsprechenden horizontalen und vertikalen Fehlerbalken) verschoben sein dürfen, und dass Verläufe mit Stützstellen außerhalb ihres Konfidenzbereichs eine geringe Wahrscheinlichkeit haben bzw. “verboten” sind. Darüber hinaus müssen Stützstellen der Tiefe nach sortiert bleiben: Proben, die aus einer größen Tiefe stammen, darf kein geringeres Alter als einer weniger tief entnommenen Probe zugeordnet sein, auch wenn die Altersfehlerbalken das erlauben würden.

Doch noch weiteren Verläufen können geringe oder verschwindende Wahrscheinlichkeiten zugewiesen werden. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass zwar jede mögliche Stützstelle innerhalb ihres Konfidenzbereichs als einigermaßen gleichwahrscheinlich zu gelten hat, dass aber die Abweichungen vom berichteten Alter tiefen- und damit altersmäßig nah beieinander liegender Datenpunkte für kleine Altersdifferenzen dt linear von dt abhängen müssen und insbesondere mit dt gegen 0 gehen. Man kann das die “Fehler-Autokorrelation” nennen. Vom dabei ins Spiel kommenden Proportionalitätsfaktor hängt ab, welche Verläufe als “unwahrscheinlich” ausgeschlossen werden. Die Angabe der Größenordnung dieses Proportionalitätsfaktors schränkt die “erlaubten” Verläufe verschieden stark ein, ein kleiner Proportionalitätsfaktor stärker, ein großer schwächer.

Dargestellt werden können wahrscheinliche bzw. erlaubte Verläufe durch Spaghettiplots als Beispiele für erlaubte Verläufe. Es dürfen nicht zu viele sein, weil sie das Konfidenzband ansonsten homogen füllen. Ergänzend können unwahrscheinliche bzw. verbotene Verläufe beispielhaft dargestellt werden. Der graphischen Darstellbarkeit der Wahrscheinlichkeit von Verläufen sind aber insgesamt Grenzen gesetzt, bzw. ist noch keine Form gefunden, die sie intuitiv darstellen kann.

Untersuchung

Wir haben eine Reihe von CO2-Rekonstruktionen aus Eisbohrkernen auf Konfidenzintervalle und -bänder hin untersucht. Unser Hauptaugenmerk lag dabei vor allem auf den Unsicherheiten bzgl. der Altersbestimmung der untersuchten Eisproben. Unsere Wahl fiel auf CO2-Konzentrationen, weil der Weg von im Eis gemessenen CO2-Konzentrationen zu rekonstruierten atmosphärischen CO2-Konzentrationen ein vergleichsweise direkter ist, verglichen z.B. mit Temperatur-Rekonstruktionen, für die noch mehr Annahmen über z.T. nicht vollständig verstandene physikalische Prozesse vonnöten sind.

Wir haben die entsprechenden Datensätze visuell dargestellt und nach Inkompatibilitäten hin untersucht. Wo keine Konfidenzintervalle bzgl. des Alters der Luft explizit angegeben waren, haben wir sie – wie oben skizziert und im Anhang ausgeführt – abzuschätzen versucht.


Abbildung 4: Lage verschiedener Drilling-Sites in der Antarktis, Quelle: [5]

Die von uns untersuchten Eisbohrkerne stammen von folgenden Orten mit vornehmlich niedriger Eisakkumulationsrate:

  • Dronning Maud Land (DML)

  • Vostok (V),

  • Epica Dome C (DC)

  • Talos Dome (TA)

  • Dome Fuji (DF)

  • West Antarctic Ice Shield Divide (WAIS, WD)

  • Byrd (BY)

  • Siple Dome (SD)

Nicht berücksichtigt wurden u.a. Law Dome (wegen hoher Akkumulationsrate) und South Pole (keine CO2-Daten).

In der folgenden Tabelle listen wir die von uns untersuchten Datensätze auf, inklusive der Informationen, die in ihnen enthalten waren.




Tabelle 1: Liste aller untersuchten CO2-Datensätzen, gewonnen an Eisbohrkernen in der Antarktis


Die Darstellung einzelner Datensätze ist mitunter weniger aufschlussreich als die von Kombinationen von Datensätzen, die entweder am selben Eisbohrkern oder gar in derselben Tiefe (aber mit unterschiedlichen CO2-Meßmethoden oder Chronologien) genommen wurden:






Die oben beschriebene Methode zur Abschätzung von nicht explizit angegebenen Konfidenzintervallen haben wir für die EDC3-Chronologie angewendet, da die Originalarbeit zur EDC3-Chronologie [17] diese Abweichungen bereits explizit angegeben hat, wenn auch nur in grafischer Form (siehe Figures 2 bis 8 dort).



Abbildung 9: Maximale Altersabweichungen der EDC3-Chronologie zu anderen Chronologien (LR04, DFGT06, VK-FGT, EDC2). Daten entnommen aus den Abbildungen 2 bis 8 in [17].

Dies war das Resultat für den Datensatz Dome C (2008), für den die EDC3-Chronologie zum ersten Mal angewendet wurde.


Abbildung 10: Alter pro Tiefe und maximale Altersabweichungen zu anderen Chronologien für die EDC3-Chronologie des Dome C-Eisbohrkerns. Grün und rot markiert sind die Zeiten (ca. 770kyr BC und 670kyr BC) mit geringerer bzw. größerer Altersabweichung, d.h. Unsicherheit.

Die CO2-Konzentration in Abhängigkeit von der Tiefe weist keine nennenswerten Unsicherheiten auf:



Abbildung 11: Gemessene CO2-Konzentrationen für Dome C der Gruppe Bern, aufgetragen über die Tiefe. Beide Größen sind mit hinreichender Genauigkeit bestimmt, entsprechende Fehlerbalken sind an dieser Stelle vernachlässigenswert.

Kombiniert ergibt sich die folgende Abhängigkeit der CO2-Konzentration von der Zeit - mit dem sich aus Abbildung 10 ergebenden Konfidenzband:


Abbildung 12: Gemessene CO2-Konzentrationen für Dome C der Gruppe Bern, aufgetragen über das Alter der Luft. Angezeigt ist das Konfidenzband, das sich aus den maximalen Altersabweichungen der EDC3-Chronologie im Vergleich zu anderen Chronologien ergibt.

Mit den auf diese Weise für EDC3 abgeschätzten und auf andere Chronologien übertragenen Konfidenzintervallen bzw. -bändern konnten wir folgende Beobachtungen machen.



Für den Datensatze Dome C [Bern] haben wir schließlich mittels der im Anhang beschriebenen Methode “erlaubte” Abweichungen der Meßpunkte (innerhalb ihres jeweiligen Alters-Konfidenzintervalls) bestimmt und einige vom mittleren Verlauf abweichende Verläufe in das Konfidenzband eingezeichnet:


Abbildung 15: Einige vom mittleren Verlauf abweichende Verläufe im Konfidenzband des Datensatzes Dome C [Bern].

Zusammenfasssung und Diskussion

Wir ließen uns von drei Fragen leiten.Was die Aufgabe betrifft, die Konfidenzbänder im Zusammenhang mit Klimarekonstruktionen leisten, haben wir gezeigt, dass sie nicht nur die allgemeine Unsicherheit, die mit einer Klimarekonstruktion verbunden ist, vor Augen führen, sondern auch einen einfachen Test für die Inkompatibilität zweier Rekonstruktionen liefern. Wir haben gezeigt, wie man mit fehlenden Alters-Konfidenzangaben umgehen kann, indem man Abweichungen zwischen verschiedenen Chronologien als “Fehler” betrachtet und diese Fehler auf andere Chronologien überträgt. Schließlich haben wir eine Methode skizziert, um für mit Konfidenzband rekonstruierte “mittlere” Verläufe andere mögliche Verläufe zu bestimmen und darzustellen.

Basierend auf diesen Ergebnissen möchten wir eine Reihe von Best-Practices im Zusammenhang mit Klimarekonstruktionen nennen.


  • Jede Klimarekonstruktion sollte explizite Konfidenzintervalle in den Datensätzen angeben, insbesondere bezüglich der Altersbestimmungen. In den Datenplots sollten Konfidenzintervalle und -bänder immer angezeigt werden.

  • Wenn in einem Datensatz keine Konfidenzintervalle explizit angegeben werden, sollte die begleitende Publikation deutliche Aussagen über geschätzte Fehler, z.B. untere und obere Grenzen machen

  • Neben dem mittleren (erwarteten) Verlauf einer Rekonstruktion sollten einige maximal von ihm abweichende dargestellt werden.


Der wissenschaftliche Wert einer Rekonstruktion wird durch den Vergleich mit schon existierenden Rekonstruktionen erhöht. Dabei sollte folgende Punkte beachtet werden.


  • Neuere Rekonstruktionen sollten mit älteren im Vornherein genau verglichen werden und insbesondere die Konfidenzintervalle und -bänder auf Nichtüberschneidungen untersucht werden. Tun sich größere Diskrepanzen auf, wäre eine zielgerichtete Ursachenanalyse wünschenswert um das Feld insgesamt voranzubringen.

  • Gegebenenfalls sollten neue Chronologien systematisch auf ältere Studien angewendet werden. Auf diese Weise werden neue Datensätze generiert bzw. alte korrigiert, ohne notwendig neue (CO2-)Messungen vornehmen zu müssen



 

Literatur

  1. Langway Jr, Chester C. "The history of early polar ice cores." Cold Regions Science and Technology 52.2 (2008): 101-117.

  2. Stricker, H.P., Lehninger, K., Lengsfeld, P. Fidelity of ice core reconstructions (2021), https://www.relook-climate.de/post/fidelity-of-ice-core-reconstructions

  3. Bazin, L., Landais, A., Lemieux-Dudon, B., Toye Mahamadou, Kele, H., Veres, D., Parrenin, F., Martinerie, P., Ritz, C., Capron, E., Lipenkov, V., Loutre, M.-F., Raynaud, D., Vinther, B., Svensson, A., Rasmussen, S. O., Severi, M., Blunier, T., Leuenberger, M., Fischer, H., Masson-Delmotte, V., Chappellaz, J., and Wolff, E.: An optimized multi-proxy, multi-site Antarctic ice and gas orbital chronology (AICC2012): 120–800 ka, Clim. Past, 9, 1715–1731, doi:10.5194/cp-9-1715-2013, 2013

  4. Enting, I. G. On the use of smoothing splines to filter CO2 data. Journal of Geophysical Research: Atmospheres 92.D9 (1987): 10977-10984.

  5. Souney, Joseph, et al, Core handling, transportation and processing for the South Pole ice core (SPICEcore) project. Annals of Glaciology. 62. 1-13 (2020). 10.1017/aog.2020.80.

  6. Luthi, D., M. Le Floch, B. Bereiter, T. Blunier, J.-M. Barnola, U. Siegenthaler, D. Raynaud, J. Jouzel, H. Fischer, K. Kawamura, and T.F. Stocker. 2008. High-resolution carbon dioxide concentration record 650,000-800,000 years before present. Nature, Vol. 453, pp. 379-382, 15 May 2008. doi:10.1038/nature06949

  7. U. Siegenthaler, T. F. Stocker, E. Monnin, D. Lüthi, J. Schwander, B. Stauffer, D. Raynaud, J.-M. Barnola, H. Fischer, V. Masson-Delmotte, J. Jouzel. 2005. Stable Carbon Cycle-Climate Relationship During the Late Pleistocene. Science, v. 310 , pp. 1313-1317, 25 November 2005.

  8. Flückiger, Jacqueline, et al. "High‐resolution Holocene N2O ice core record and its relationship with CH4 and CO2." Global Biogeochemical Cycles 16.1 (2002): 10-1.

  9. Barnola, J. M., et al. Historical Carbon Dioxide Record from the Vostok Ice Core (417,160-2,342 years BP). Environmental System Science Data Infrastructure for a Virtual Ecosystem (ESS-DIVE)(United States); Carbon Dioxide Information Analysis Center (CDIAC), Oak Ridge National Laboratory (ORNL), Oak Ridge, TN (United States), 2003.

  10. Barnola, Jean-Marc, et al. Vostok ice core provides 160,000-year record of atmospheric CO2. Nature, 1987, 329. Jg., Nr. 6138, S. 408-414.

  11. Lourantou, Anna, et al. "Constraint of the CO2 rise by new atmospheric carbon isotopic measurements during the last deglaciation." Global Biogeochemical Cycles 24.2 (2010).

  12. Eggleston, S., et al. "Evolution of the stable carbon isotope composition of atmospheric CO2 over the last glacial cycle." Paleoceanography 31.3 (2016): 434-452.

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  14. Kawamura, Kenji, et al. "Northern Hemisphere forcing of climatic cycles in Antarctica over the past 360,000 years." Nature 448.7156 (2007): 912-916.

  15. Pedro, J. B., S. O. Rasmussen, and T. D. Van Ommen. "Tightened constraints on the time-lag between Antarctic temperature and CO 2 during the last deglaciation." Climate of the Past 8.4 (2012): 1213-1221.

  16. Indermühle, Andreas, et al. "Atmospheric CO2 concentration from 60 to 20 kyr BP from the Taylor Dome ice core, Antarctica." Geophysical Research Letters 27.5 (2000): 735-738.

  17. Parrenin, F., Barnola, J.-M., Beer, J., Blunier, T., Castellano, E., Chappellaz, J., Dreyfus, G., Fischer, H., Fujita, S., Jouzel, J., Kawamura, K., Lemieux-Dudon, B., Loulergue, L., Masson-Delmotte, V., Narcisi, B., Petit, J.-R., Raisbeck, G., Raynaud, D., Ruth, U., Schwander, J., Severi, M., Spahni, R., Steffensen, J. P., Svensson, A., Udisti, R.,


Waelbroeck, C., and Wolff, E.: The EDC3 chronology for the EPICA Dome C ice core, Clim. Past, 3, 485–497, https://doi.org/10.5194/cp-3-485-2007, 2007.





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